© Wolfgang Oschatz Suhrkamp Verlag
Zur Auftaktveranstaltung im Institut français Bremen
Im rumänischen Czernowitz 1920 geboren, von den deutschen Invasoren,
die seine Eltern ermordeten, aus seiner Heimat vertrieben, fand Paul Celan
nach Kriegsende in Paris ein Exil. Deutschland, das Land seiner
Muttersprache, konnte ihm keine neue Heimat bieten und das französische
Exil konnte ihm die Muttersprache nicht ersetzen. Deutsch blieb die
Sprache seiner Dichtung – das einzige, von dem er sagte, dass es „inmitten
der Verluste“ nah und unverloren blieb. In Deutsch hat er nicht nur seine
eigenen Werke geschrieben, sondern er hat durch seine intensive
Übersetzertätigkeit unzähligeTexte aus fremden Sprachen in die deutsche
Sprache hereingeholt. Diese Übertragungen stehen nach Umfang und
Bedeutung gleichgewichtig neben seinem dichterischen Werk.
Paul Celans Leben und Werk gestalteten sich im Dazwischen von Ländern
und Aufenthaltsorten, von Muttersprache und Fremdsprachen, zwischen
einer Nähe, die fremd blieb und einer Fremde, die nah war. Ein Zwischen
ergibt sich aber auch ganz besonders bei Paul Celan nicht nur für die
Zwischenräume von verschiedenen Orten und Sprachen, sondern ebenso
für das, was sich zwischen den Worten, in den Leerstellen ereignet. Auf
solche Zwischenräume ganz unterschiedlicher Art richten die Beiträge zu
einem EchoRaum für Paul Celan die Aufmerksamkeit. Sie gelten der
Begegnung und dem Gespräch mit Paul Celans Werk und nähern sich
seinen Texten auf verschiedenen Wegen. Sie artikulieren die Einsichten
und Erfahrungen auf diesen Wegen in jeweils unterschiedlicher Weise.
Die für den 20. und 21. November angezeigten Auftaktveranstaltungen
zum Symposion und Festival EchoRaum für Paul Celan 2020/21
im Institut français und Brauhaus Theater Bremen
mussten infolge der Pandemie-Regelungen leider ausfallen.
Um die Projektarbeit angesichts dieser Lage fortzusetzen,
haben wir uns als Ensemble dafür entschieden,
mit einer Reihe von Kurzfilmen zu der EchoTanzPerformance,
der wir den Arbeitstitel Bruchstellen. Meridiane gegeben haben,
Einblicke in den Probenprozess zu ermöglichen.
Am 23. November 2020 jährte sich der Geburtstag des Lyrikers
Paul Celan (1920-1970) zum hundertsten Mal. Am 20. April waren 50.
Jahre über den Tod Paul Celans vergangen. Aus Anlass des besonderen
Gedenkjahres hat das An-Institut EchoRaum Arts der Hochschule für
Künste im Sozialen, Ottersberg zusammen mit sechs Bremer
Kulturinstitutionen unter dem Titel EchoRaum für Paul Celan eine Reihe
von Veranstaltungen initiiert, die Fragen der Aktualität Celans in den
Mittelpunkt rücken.
Die für den 20. und 21. November 2020 geplanten
Auftaktveranstaltungen im Institut français und Brauhaus Theater
Bremen zum Symposion und Festival EchoRaum für Paul Celan
mussten leider ausfallen und auf einen derzeit noch nicht
bestimmbaren Termin verschoben werden.
EchoRaum für Paul Celan
Publikationen zu Paul Celan
Peer de Smit: Das Gestische der Sprache. Begegnungen mit Worten bei Paul Celan.
In: Veronika Darian, Peer de Smit: Gestische Forschung. Praktiken u.
Perspektiven. Berlin 2020, Neofelis, S. 80-115.
Peer de Smit: »Schwimmendes Licht«
Annäherungen an Poetologie, Sprache und Aktualität Paul Celans im Jahr
seines 100. Geburtstags und 50. Todestags. In: die Drei, Nov. 2020
Das Gestische der Sprache. Begegnungen mit Worten bei Paul Celan
erschienem in: Veronika Darian/Peer de Smit (Hrsg.): Gestische Forschung.
Praktiken und Perspektiven. Berlin 2020, Neofelis Verlag
In seinem Aufsatz Das Gestische der Sprache. Begegnungen mit Worten bei
Paul Celan begibt sich Peer de Smit auf ein Feld, das von der Praxis her zwar
vertraut scheint, sich aber hinsichtlich seiner theoretischen Reflexion als
unwegsames Neuland erweist. Die Bewegungsebene sprachlicher Formen und
deren gestische Implikationen blieben von wissenschaftlichen
Untersuchungen bisher weitgehend unberührt.
An Texten von Paul Celan und den hier herbeigeführten „Begegnungen mit
vereinzelten Worten“ (Sommerbericht) präzisiert de Smit die Frage nach dem
Gestischen der Sprache. Er ortet die Felder, in denen es sich ereignet, und
nähert sich solchen Ereignissen auch beschreibend und in der Reflexion des
eigenen Texts an. Auf solchen Wegen zeichnet er Grundlinien einer
performativen Poetik oder gestischen Poetologie.
EchoRaum für Paul Celan
Bremen 2020/21